B2N Vom Bodensee zum Neusiedlersee

RADTOUR  2018  – B2N = vom Bodensee zum Neusiedlersee
oder 1x quer durch Österreich
oder 1009 km von West nach Ost
oder…der Unglücksrabe Franz

Dieses Jahr ist es also soweit, mein/unser schon so lang ins Auge gefasster Plan wird Wirklichkeit… Seit 3 Jahren habe(n) ich/wir vor, mit dem Rad vom Bodensee zum Neusiedlersee (Projekt B2N) zu fahren. Und seit 3 Jahren gelingt uns das nicht, kommt immer wieder was dazwischen. Diesmal nicht, diesmal ist keiner krank, diesmal haben alle Zeit. Und ALLE, d.h. Peperl, Franz und ich.

Vor 2 Jahren habe ich entdeckt, dass es einen Radweg vom Bodensee zum Königssee gibt. Den wollen wir für den ersten Streckenabschnitt hernehmen, und damit ist auch die Frage, wie kommen wir von Vorarlberg nach Tirol rüber, vom Tisch. Wir hätten da entweder über die Silvretta, über den Arlberg, oder über den Hochtannberg gemusst. Alles Alpenpässe, womit das Wetter noch wesentlicher als sonst wird. Wenn‘s unten regnet, kann da oben auch Schnee fallen. Das ist ein Risiko, das wir nicht unbedingt brauchen. Auf diesem Radweg kommen wir jetzt an der Nordseite der Alpen entlang nicht höher als rund 1000m.

Vom Königssee geht’s dann nach Salzburg rüber, von dort zum Mondsee, den wir heuer nördlich umrunden, und weiter zum südlichen Ufer des Attersees. Bei Weißenbach biegen wir rechts ein und fahren zur Traun rüber, auf die wir zwischen Bad Ischl und Ebensee stoßen. Die Traun nordwärts erreichen wir den Traunsee, fahren an der Westseite entlang und folgen dann wieder der Traun bis raus zur Donau. Kurz hinter Linz befinden wir uns dann auf dem Donau-Radweg bis Wien und erreichen schließlich auf uns gut bekannten Wegen den Neusiedlersee. Die Route steht also, und wir sind bereit.

Aber natürlich gibt’s trotzdem Hindernisse.  Eins davon ist die Anreise.  Durch Zufall bin ich vor einiger Zeit schon auf den „Nightjet“ der ÖBB gestoßen. Der fährt spätabends in Wien ab und ist am Morgen in Bregenz. Kostet inkl Liegewagen und Frühstück nur 49 Euro pro Person, und wir haben nach Ankunft in Bregenz am Morgen dann den ganzen Tag zum Fahren vor uns. Wir sparen uns dabei die erste Übernachtung und kommen vor allem auch ausgeruht in Bregenz an. Also ein Preis-Schnäppchen und praktisch auch noch !

Aber – es ist nicht alles Gold was glänzt… Leider nimmt dieser Zug keine Räder mit ;-). Ich probiere verschiedenes, konstruiere abenteuerliche Fahr-Routen, letztlich bleibt uns aber nur die teure und unpraktische Variante, am Tag zu fahren. So kommen wir erst gegen 15.30h in Bregenz an. Wir müssen uns auch nach dem Wetter orientieren und können daher nur relativ kurzfristig buchen. Und das lässt den Preis steigen… Auch der bequeme, direkte Railjet, ohne Umsteigen vom Flughafen weg, geht sich deshalb für uns nicht aus. Keine Plätze mehr, als wir buchen wollen. So geht’s schließlich von Fischamend mit der S7 zum Rennweg, ab da (seit heuer Zusteigemöglichkeit) mit der Westbahn nach Salzburg, und von dort mit der ÖBB nach Bregenz weiter. Dadurch sind wir dann eben erst um 15.30h dort, da ist nicht mehr viel zu machen. Ich organisiere noch ein Quartier, ca 50 km entfernt – das Abenteuer beginnt…

 

  1. TAG: BREGENZ – RANZENRIED (bei Stiefenhofen), 55km

Eigentlich muss ich nochmal kurz bis zum Rennweg zurückgehen, weil ich dort eine wenig erfreuliche Entdeckung mache. Besser gesagt, Franz macht sie. Wir reden über die neuen Goretex-Schuhe, die wir uns beide erst vor ein paar Tagen extra für die Tour gekauft haben. Es ist ja durchaus möglich, dass es auf der Strecke mal regnen wird. 2 Tage vorher habe ich die neuen Schuhe mit Franz auf einer 100 km Runde eingefahren, weiß jetzt, dass sie bequem sind und passen. Jetzt sagt Franz auf einmal: Das sind aber nicht die Goretex-Schuhe, die Du da anhast… Erst jetzt schau ich genauer hin – tatsächlich, das sind gar nicht die neuen Schuhe !

Ich hab sie am Abend zu den alten gestellt, meine Frau hat dann ein Paar weggeräumt – und natürlich die neuen erwischt ! Und ich war in der Früh zu unaufmerksam um das zu merken. Zwei mir gut bekannte Radfahrer, die ich nicht nennen will, drücken das drastischer aus: Du warst nicht zu unaufmerksam, Du warst zu DEPPAT ! Einfach in die dastehenden Schuhe reingeschlüpft, zugebunden und fort… Jetzt stehe ich da am Rennweg und bin total happy mit mir ! Grrr…. Dass sich die Geschichte auf der Tour zum „Running Gag“ entwickelt und mir die zwei das bei jeder Gelegenheit um die Nase reiben, brauch ich eigentlich gar nicht extra zu sagen… ;-) Wer den Schaden hat, braucht für den Spott nicht zu sorgen !  O ungerechte Welt….

Jetzt sind wir also in Bregenz und haben schon vom Zug aus bemerkt, dass ein ordentlicher Wind bläst. Der Bodensee hat Wellengang wie am Meer. Gleich hinter dem Bahnhof, ein Stück durch den Park, ist die Seebühne. Das Bühnenbild für die Oper „Carmen“, die heuer gezeigt wird, steht schon, und für ein paar Fotos muss auf jeden Fall Zeit sein. Dann suchen wir (und auch das wird ein „Running Gag“, zumindest solang wir in Deutschland sind, und ebenfalls ein ärgerlicher !), unseren Radweg.  Eigentlich ist alles ganz klar: Gleich hinter der Grenze Österreich/BRD zweigt der Weg rechts ab. Und die Grenze wird wohl erkennbar sein. Schließlich steht bei uns ja bei jedem Wechsel in ein anderes Bundesland schon ein „Willkommen in ….“ Schild, das wird ja wohl an einer STAATSGRENZE auch so sein. Aber schmeck‘s mein Herzerl – da kommt nix.

Wir haben dann schon Lindau vor uns, und schauen auf der Karte nach. Eindeutig – wir sind schon zu weit ins deutsche Land eingedrungen ! Also zurück und genauer schauen. Aber alles Schauen hilft nix, wenn da kein Schild, kein Wegweiser ist. Wir fragen uns durch und ärgern uns ein erstes Mal über die mangelhafte Beschilderung. Das wird noch öfter so sein, aber das wissen wir jetzt noch nicht. Es kostet uns eine gute halbe Stunde und -zigmal fragen, bis wir endlich in der Spur sind. So haben wir uns den Auftakt nicht vorgestellt ! Eh schon spät dran und dann noch so viel Zeit verlieren…

Vor uns liegen jetzt rund 50 km bergauf, von 400m in Bregenz auf 800m in Ranzenried bei Stiefenhofen. 400 Höhenmeter reiner Unterschied, aber dazwischen liegen auch einige Abschnitte bergab. Die müssen dann erst wieder zurückgewonnen werden, so dass die tatsächlich gefahrenen Höhenmeter auf fast das Doppelte steigen werden. Immerhin sind wir jetzt auf dem Weg. Über Weidach, Zeisertsweiler, Thumen erreichen wir Hergetsweiler, wobei wir stetig hochsteigen. Vom Wind am Bodensee ist hier nicht mehr viel zu spüren, und die Gegend rundum entschädigt fürs Bergauf. Kleine  << Wäldchen, grüne Wiesen, ein paar Häuser, kein Verkehr, Kühe – Idylle pur !

Allerdings müssen wir immer wieder unseren Weg suchen. Die Beschilderung ist, wie schon erwähnt, recht mangelhaft und auch unlogisch. Die Schilder – sofern sie überhaupt da oder zu sehen sind – stehen nicht „mit dem Gesicht“ zu uns, sondern meist in Fahrtrichtung. Du musst praktisch NEBEN dem Wegweiser sein und den Kopf nach rechts oder links drehen, um das Schild lesen zu können. Das ist äußerst unpraktisch, ebenso, dass es zwar eine Beschilderung gibt, wo „Bodensee – Königssee Radweg“ draufsteht, die aber nicht einheitlich, und auch nicht durchgehend vorhanden ist. Oft steht einfach nur „Radweg“ da, oder es ist überhaupt nur ein Radsymbol zu sehen. Man weiß dann zwar, dass man auf einem Radweg ist, aber auf welchem, nicht…

Auch die Größe des meistverwendeten Schildes ist viel zu klein (etwa 15cm im Quadrat), um das aus einiger Entfernung sehen und lesen zu können – außer man hat ein „Teleobjektiv“ im Auge eingebaut, wie unser Peperl ;-) . Der schreit als Dritter von hinten schon „rechts“ oder „links“, wenn Franz und ich noch nicht mal das Schild ausgemacht haben ! ;-) Außerdem hängen an einer Stange oft etliche Wegweiser. Bei uns sind die Radwege zumeist mit einer Nummer versehen (z.B. R1, oder R4), und das ist dann GROSS auf das entsprechende Schild aufgedruckt und schon vom Weitem zu sehen. Das fehlt hier gänzlich. Du musst wirklich in die unmittelbare Nähe, um das Schild zu finden und auch LESEN zu können. Und was dann da draufsteht, hilft auch nicht immer. Die am Schild angeführten Ortschaften finde ich oft im Radführer auf der Karte gar nicht. Es sind auch nicht die nächsten größeren Orte angeschrieben, die dann so bestätigen würden, dass wir auf dem richtigen Weg sind, sondern irgendwelche winzige Ortsteile oder sonstige Bezeichnungen. So ist es schwer, weiter zu kommen, und wir müssen immer wieder in der Karte nachsehen. Da können die deutschen Freunde noch einiges von uns lernen…

Aber wir lassen es uns nicht verdrießen und fahren immer weiter ins Land rein. Und das sehr langsam, weil es permanent bergauf geht. Auf der Karte sind auf diesem ersten Teilstück bis zu unserem Quartier insgesamt 24, zum Teil fettgedruckte, Pfeile eingezeichnet. Und diese Pfeile bedeuten Steigungen. Und sie sind alle mehr als berechtigt ! Über Hergatz, Wigratzbad kommen wir nach Muthen, wo ein besonders giftiges Stück Bergauf mit sicher zweistelligen Prozenten auf uns wartet, ebenso gleich drauf bei Maria Thann. Von Eglofstal bis Röthenbach ist in unserer Karte kein Pfeil zu sehen, allerdings sehen wir uns dann trotzdem einigen, sogar längeren, Anstiegen gegenüber. Bei Zwirkenberg steht dann ein Schild überhaupt falsch. So kommen wir auf die Straße, und die ist ziemlich steil ! Und irgendwo auf dem Weg reißt dann auch noch ein Gummizug zum Befestigen der Gepäcktasche bei Franz (= Franz, die 1.)

Kurz vor Röthenbach läutet mein Handy. Es ist schon nach 18h, meine Frau möchte wissen, was los ist, warum wir uns noch nicht gemeldet haben. Weil wir noch unterwegs sind, sage ich. Weils viel bergauf geht und wir viel Zeit durch viel Nachsehen verlieren. Und dann sagt meine Frau etwas, was uns, und vor allem mir, einen unbeschreiblichen Motivationsschub bei diesem anhaltenden Bergauf gibt ! Deutschland hat gegen Südkorea eben 0:2 verloren ! Ich frag sicherheitshalber zweimal nach, bevor ich mich freue. Das ist wahrscheinlich umgekehrt und meine liebe Frau hat das nur falsch gelesen oder verstanden. Aber sie hat selber zugeschaut, und es ist wirklich so ! Die Glücksritter, die Masselberger, die, die eben noch mit ihrem so typischen Glück, in der 95. Minute gegen Schweden gewonnen haben, die, die sonst auch mit grottenschlechtem Spiel am Ende dann doch irgendwie als Gewinner oder Aufsteiger weiterkommen, sind draußen, noch dazu als Letzter in einer durchaus nicht allzu schweren Gruppe !

Mein lautes „JAAAA !!!“ hallt heute noch als Echo durch die Wälder und Hügel rund um Röthenbach ! ;-) Jetzt ist mir kein Berg mehr zu hoch, kein Weg zu steil. Endlich haben diese gewohnheitsmäßigen, aber oft unverdienten Glückspilze, einmal eine auf den Huat bekommen. Gegen Schweden noch die gewohnt selbstbewussten bis überheblichen Kommentare nach dem Spiel > wir haben immer an uns geglaubt, wir haben GEWUSST, wir können das noch drehen, usw… Keiner, der gesagt hätte, da haben wir mal richtig Schwein gehabt. Nein, alle haben es gewusst, waren sich sicher, dass man am Ende natürlich irgendwie noch gewinnen würde, weil‘s halt immer üblich so, und normal ist –  und jetzt gegen SÜDKOREA verloren…

Es ist auch SEHR ruhig in den nächsten Ortschaften, und auch in Röthenbach, wo wir unser Abendessen nehmen, ist es im Gastgarten geradezu gespenstisch still. Dafür steht dort eine riesige, um die 200 Jahre alte Linde, die als Friedensbaum zum Ende eines der vielen deutsch-französischen Kriege gepflanzt wurde. Überhaupt ist die Linde im Allgäu offenbar der Hauptbaum, und nicht die Eiche, wie wir feststellen. Immer wieder stehen sie einzeln oder auch als Allee oder kleiner Wald an und um unseren << Weg. Und meist sind sie ziemlich groß und alt.

Von Röthenbach aus müssen wir ein Stück auf der Straße fahren, und die braucht 2 Serpentinen, um die nötige Höhe zu erreichen. Das ist so unmittelbar nach dem Abendessen nicht gerade das Beste, aber was bleibt uns übrig… Mehr Sorge als der Anstieg macht uns aber, dass wir unser Quartier seit über 3 Stunden vergeblich zu erreichen suchen. Entweder kein Netz, oder Teilnehmer nicht erreichbar. Mittlerweil ist es nach 20h, wenn da was schiefgeht… Nach vier weiteren kurzen aber kräftigen Anstiegen erreichen wir Ranzenried. Nur ein paar Häuser – unser Quartier finden wir aber trotzdem nicht. An einer Weggabelung bleiben wir stehen, versuchen wieder anzurufen, kommen aber nicht durch. Links geht’s jetzt ein gutes Stück bergab, da wollen wir nicht runter und dann ev wieder zurück, wenn wir falsch sind. Ein Traktor kommt daher, und der Fahrer sagt uns, dass wir da rechts hochmüssen, zum nächsten Haus. Na Gott sei Dank ist der jetzt aufgetaucht, bevor wir da runter gefahren wären…

Die Sache klärt sich dann im Quartier, wo man umgekehrt schon auf UNS gewartet hat. Anscheinend ist die Telefonleitung der ganzen Gegend dort gestört, deswegen war keiner zu erreichen. Umgekehrt konnte auch UNS niemand anrufen. Man hat schon gedacht, wir würden nicht kommen. Ich hab‘ mir schon geschworen, Radfahrer nehme ich keine mehr, wenn die so unzuverlässig sind, sagt die Wirtin. Aber jetzt ist alles geklärt und gut. Nach einem abschließenden alkoholfreien Bier – aus der ältesten Familienbrauerei der Welt, wie auf dem Etikett zu lesen ist – und einer köstlichen Dusche sind wir bald im Bett.

54 km waren es heute. Rund 3:20 Std hat es gebraucht, um hier herauf auf rund 800 Meter zu kommen und dabei fast 700 Höhenmeter zu überwinden. Entsprechend gering war unser Durchschnittstempo mit rund 15 ½ km/h.

 

  1. TAG: RANZENRIED – TRAUCHGAU/UNTERREITHEN, 104 km

Am Morgen ist es ziemlich frisch auf 800m. Wir ziehen also gleich mal Jacken oder ein zweites Rad-Shirt mit langen Ärmeln über. Über uns gibt es noch blauen Himmel mit Wolken, aber in unserer Fahrtrichtung schaut’s schon weniger gut aus… Da sind die Wolken dicht und grau, dunkelgrau zum Teil. Auf Oberstaufen zu geht es etwas runter, der Fahrtwind ist kalt. Oberstaufen selbst ist ein relativ bekannter Weltcup-Skiort, aber nichts dabei, was bemerkenswert wäre. Leicht bergauf geht’s nach Wiedemannsdorf, dann weiter mit leichten Steigungen am Großen und Kleinen Alpsee vorbei nach Immenstadt. In einer Bäckerei gibt’s dort ein Frühstück für uns, am Bauernhof hatten wir nur die Übernachtung. Zum Kaffee muss ich eine QUARKTASCHE (!) essen. Ich erkläre, dass das bei uns Topfengolatsche heißt, und schon aus dem Grund einfach besser schmeckt ;-). Die Verkäuferin kennt das Wort sogar. Die Sonne ist herausgekommen, und ich ziehe mutig mein Langarm-Shirt aus. Ein Fehler, denn keine 10 Minuten später ist’s vorbei mit Sonne, wird’s es wieder kühl und zunehmend finster.

Über die Iller verlassen wir Immenstadt und fahren nach Rettenberg. Von dort geht es mit weiteren Steigungen nach Vorderburg – und da passiert uns was ganz Dummes. Es gibt da eine angekündigte Baustelle und eine Umleitung. Wir fahren aber trotzdem bis zur Baustelle hin. Irgendwie wird’s da schon ein Durchkommen für uns geben, wir sind ja nur Radfahrer. Die Straße ist aber dann ab der Absperrung rund 2m tief abgegraben. Da haben wir keine Chance, das schaffen wir nicht. Schon gar nicht mit dem Gepäck am Rad. Also zurück zur Umleitung und der folgen. Über Acker und an Gerats vorbei, kommen wir nach ordentlichen Steigungen bei Rieder wieder zur Straße zurück. Dort ist ein Schild und dem folgen wir, bis wir nach kurzer Strecke wieder zu einer Baustelle kommen. Hier sind ganz grober Schotter und viele große, gefährlich spitze Steine am Weg. Und es geht auch noch ziemlich bergauf… Zur Sicherheit fragen wir noch einen Baggerfahrer, ob wir auf dem Weg nach Oy-Mittelberg sind, unserem nächsten Ziel. Er deutet uns Ja, und so kämpfen wir uns mühsam durch den tiefen Schotter die Steigung rauf. Endlich geht rechts ein asphaltierter Weg ab. Wir sind froh diese gefährliche Stelle ohne Schaden verlassen zu können. Ein wenig bergauf, dann wieder runter, wir kommen wieder auf eine Straße – und sind genau an der Stelle, wo wir vor fast einer ¾ Stunde vor dem 2m-Abgrund gestanden sind…. Das gibt’s ja nicht – wir sind im Kreis gefahren !! Sicher waren wir uns mit der Richtung eh nicht, deshalb ja die Nachfrage beim Baggerfahrer. Und der…. Grrrrrr !!

Was tun jetzt ? Nochmal die Umleitung mit den anstrengenden Steigungen und der größeren Strecke, oder nochmal über die Baustelle zurück, diesmal dann bergab ? Nach kurzer Beratung entscheiden wir uns für die Baustelle. Da sind wir trotz allem schneller wieder in Rieder, auch wenn der Weg Sch… ist, und gefährlich für einen Reifenschaden. Dem Baggerfahrer hätte ich am liebsten eine Watschen gegeben, als wir vorbeifahren. So ein….

Ab der Baustelle geht’s wenigstens ein Stück bergab, aber gleich drauf auch wieder hinauf. Der Rottachsee liegt linker Hand, dann gibt‘s wieder drei Pfeile hinauf hintereinander, die uns auf den höchsten Punkt der heurigen Tour bringen. Bei Haag erreichen wir 1000 Meter, ehe es in ziemlich rasanter Abfahrt nach Oy-Mittelberg geht, wo wir Mittag halten. Eine warme Suppe tut gut, weil es durch die Höhe und auch durch die Abfahrten recht frisch ist. Und es hat seit ca 11h leicht zu nieseln begonnen. Das trägt auch nicht dazu bei, dass uns wärmer wird. Solang wir im Gasthaus sitzen scheint es heller zu werden, aber als wir das Lokal verlassen, zieht es wieder zu.

Wir verlassen kurz den Radweg und bewegen uns auf der Straße direkt auf Nesselwang zu. Das ist kürzer, und es entfallen so 3 weitere Anstiege. Es gibt kaum Verkehr, das war endlich mal eine gute Entscheidung von uns, nach dem Desaster an der Baustelle vorhin… Und so haben wir auch etwas Zeit aufgeholt. Hinter Nesselwang geht’s wieder rauf und bei einer Trinkpause suchen wir uns ein Quartier. Während wir telefonieren, fängt es richtig zu regnen an – und es wird heute nicht mehr aufhören…

Und natürlich werden sofort wieder die Goretex-Schuhe ein Thema, die zu Hause stehen… Wär nicht schlecht, wenn man jetzt wasserdichte Schuhe hätte, bekomme ich von meinen beiden Kameraden (??) um die Nase geschmiert. Wenn‘s regnet, ist es schon gut, wenn man die richtigen Schuhe zum Wetter anhat – außer man hat sie zu Hause vergessen. So tönt’s mir entgegen, und ich muss diesen Spott wohl oder übel über mich ergehen lassen – er ist ja nur zu berechtigt… ;-) Aber natürlich ist es nicht ernst gemeint von den beiden. Und vor allem hat Peperl ja die bereits bestens bewährte „Allzweckhilfe“ Frühstückssackerl mit ! Da werden die Füße mit den leider eben NICHT dichten Schuhen reingesteckt und bei den Knöcheln mit jeweils einem Rex-Gummi fixiert. Schon probiert, und auch heute bewährt sich das. Schaut nicht wirklich elegant aus, aber die Füße bleiben trocken.

Peperl wirft sich wieder in seinen zuckerlrosa Overall – und der ist auch sehr gewöhnungsbedürftig… Da sind meine Sackerl um die Füße fast schon wieder cool dagegen ! Peperl wird in Füssen dann wegen dem Overall sogar zur Touristenattraktion, und mehr fotografiert als die Sehenswürdigkeiten der Stadt ! Auch „super Farbe“ oder „nicht zu übersehen“, ist als Kommentar zu hören.  ;-)

Vorher verfahren wir uns aber wieder. Ich glaub im Nachhinein auch zu wissen, wo. Da ist eine Kreuzung, von hinten kommen die Rufe ‚grad aus‘, und ab da gibt’s dann nur mehr eine Tafel mit einem Rad, aber keine Kennzeichnung mehr. Irgendwo vor Füssen kommen wir raus, fahren ein wenig im Kreis und nehmen dann einfach die leider stark frequentierte Straße nach Füssen. Und da im Ort ist auch wieder alles „toll beschildert“. Wir fahren auf gut Glück durchs Zentrum, fragen dann bei einer Info-Stelle und landen schließlich am Lech. Und der hat eine Farbe… Es ist unglaublich ! Sowas von Smaragd-Türkis-Grün-Blau-Irgendwas habe ich in der Natur überhaupt noch nie gesehen ! Als wenn‘s künstlich zusammengemixt wär ! Auf den Fotos sieht man das gar nicht deutlich genug.

Wir fahren über die Brücke und suchen unseren Weg nach Neuschwanstein, leider weiter im Regen. Das weltbekannte Schloss sieht heute eher aus wie das Haus von den Munsters… Dicke Regenwolken und Nebelschwaden hängen um das Gebäude. Aber auch das ist irgendwie reizvoll. So sieht man das ja nicht alle Tage. Am Bannwaldsee vorbei geht’s Richtung Halblech und Trauchgau, wo wir unser heutiges Quartier erreichen – oder auch nicht….   Am Ortsanfang von Halblech, rund 4km vor dem Ende der heutigen Etappe hat Franz eine Reifenpanne (=Franz, die 2.). Und natürlich am hinteren Reifen. Aber kein großes Problem, wir haben ja einen Ersatzschlauch mit. Nur können wir den nicht aufblasen ! Wir haben drei Pumpen mit, mit keiner geht es. Schließlich probieren wir meinen alten Ersatzschlauch. Gleicher Typ, und komisch, da geht Luft rein ! Nicht allzu viel, und der Schlauch hat sich auch irgendwo eingeklemmt, aber das reicht für den Moment. Wir brauchen nur noch eine Tankstelle, mit entsprechendem Druck ist der Reifen voll und der Schlauch wird auch frei.

Rund 2km entfernt ist eine, sagt das Internet. Franz ist grad physisch und auch psychisch etwas angeschlagen, weil nach gestern grad ihm wieder die Panne passiert. Ich fahre also mit seinem Rad, geleitet vom Internet, zur Tankstelle, Peperl fährt mit. Es stellt sich heraus, dass die Tankstelle in Trauchgau ist ! Da wollen wir ja hin, wär‘ also gscheiter gewesen, wenn Franz gleich mitgefahren wäre… Peperl fährt dann allein zurück, mein Rad steht ja sowieso noch oben bei Franz. Als die zwei dann kommen, mache ich den Vorschlag, gar nicht Abendessen zu gehen. Ich bin durchgeschwitzt, ziemlich feucht unter der Regenkleidung, und beim Warten ist mir schon recht kalt geworden. Die Vorstellung, mich jetzt so nass irgendwo reinzusetzen und dann wieder in die tropfnasse, kalte Überkleidung zu müssen, ist für mich nicht sehr verlockend… Franz und Peperl sind einverstanden, und so nehmen wir als Alternative eine heiße Leberkäs-Semmel und ein Bier an der Tankstelle, dann fahren wir die 2km zum Quartier.

Dort werden wir freundlich empfangen und dürfen unsere nassen Sachen zum Trocknen in den Heizungskeller hängen. Im Nu sind alle Wäscheleinen besetzt und alle Wäscheklammern auch. Dann kommt Franz drauf, dass er seine Trinkflaschen dort stehen gelassen hat, wo wir den Patschen repariert haben. Unsere Wirtsfrau ist so nett und fährt mich dorthin, die zwei gehen inzwischen duschen. Und das mache ich dann auch – mit Genuss und Ausdauer ! Dass heißes Wasser Ende Juni so gut tun kann….

War insgesamt nicht der beste Tag für uns heute. Andauernder Regen ab Mittag und dann auch noch die Panne kurz vor Ende, dazu ziemlich tiefe Temperaturen – wir hatten es schon besser. 104 km und 6 ½ Std waren wir heute im Sattel, über 1200 Höhenmeter waren es, und der Schnitt liegt bei 16kmh.

 

3.TAG: TRAUCHGAU/UNTERREITHEN – SCHLIERSEE, 114 km

Unsere Sachen sind am Morgen total trocken und warm. Gut, dass wir die im Heizungskeller hatten. Im Zimmer wär‘ das nie so trocken geworden, wir hätten in klamme, noch feuchte Kleidung gemusst. Und warme Sachen können wir auch heute früh wieder gut gebrauchen. Es ist kalt, aber zum Start gibt’s gleich ein Stück bergauf, das wärmt auf. Rund 3 km gibt es Asphalt, dann wartet ein Waldweg. Unsere Quartiergeberin meint, das sollte trotz des ausgiebigen Regens gestern kein Problem sein. Man könnte auch ausweichen, aber da sind wieder diese garstigen Pfeile in der Karte eingezeichnet… Zu Anfang ist der Weg auch noch gut beschaffen, wird dann aber mit jedem Meter schlechter. Die von uns befürchteten Lacken oder Morast gibt’s zwar nicht, dafür aber Steine, Steine, Steine – in allen Größen. Das ist eher eine Mountainbike-Strecke als ein Radweg… Noch dazu führt der Weg dann irgendwann auch noch bergauf.

Und auf einmal ist da ein Bach – mitten über unseren Weg. Wahrscheinlich gibt’s den normalerweise da gar nicht, aber nach dem Regen gestern… Es liegen zwar einige größere Steine im Wasser die man als Tritthilfe benutzen kann, aber die Schuhe werden dabei sicher trotzdem nass. Und wieder hör ich: wär‘ gut, wenn man jetzt Goretex-Schuhe hätte, he, he… Also überlasse ich es Peperl, mein Rad über die Furt zu bringen, und suche mir selber eine schmale, seichte Stelle, wo ich relativ trockenen Fußes über den Bach komme. Mit dem Rad hätte ich aber nicht hierher gekonnt. Franz fährt dann schon voraus und es dauert eine gute Weile, bis wir ihn wieder einholen. Er „beschwert“ sich ja manchmal, dass ich als Erster zu schnell bin, jetzt, wo er der Erste ist, fährt er aber selber sehr flott über diese Rumpelstrecke ! 5 km ist dieser Abschnitt lang und weil nur ein geringes Tempo möglich ist, dauert es ewig, bis wir wieder Asphalt unter die Räder bekommen.

Von Altenau nach Saulgrub gibt’s wieder eine Steigung, dafür dann nach Bad Kohlgrub runter eine rasante Abfahrt. Hier machen wir Frühstückspause. Fast 4km geht’s dann durch Wald, aber auf wesentlich besseren Wegen, wenn auch nicht asphaltiert. Wenig später gibt’s wieder Asphalt, aber auch sehr bedrohliche Wolken… Ganz tief, bis in die Baumwipfel hängen sie herab. Um 10h setzt auch wirklich wieder Regen ein, und wenig später hat Franz den zweiten Patschen… (=Franz, die 3). Wir kämpfen uns mit Aufpumpen bis Eschenlohe durch und überfallen dort einen Bauern mit unseren Wünschen. Als da wäre: ein Kompressor, um jetzt den richtigen Ersatzschlauch aufzublasen, weil das mit unseren Pumpen nicht geht, ein paar kleinere Plastiksackerl, um die Radtaschen am Lenker zu umhüllen und so vor dem Regen zu schützen, und ein paar Kabelbinder um alles festzumachen. Wir haben zwar welche mit, müssen aber jedes Mal Franz‘ Gepäck damit festzurren, weil ja die originale Befestigung abgerissen ist. Bevor wir irgendwann zu wenig davon haben… Nebenbei bemerken wir auch den Grund, warum das Gepäck bei holprigen Terrain immer wieder vom Packlträger hüpft. Die Kunststoffhaken sind weich geworden und nicht mehr so eng gebogen wie es nötig ist um fest eingehängt zu werden und dort auch zu bleiben. Schlechtes Material…

Nach Ohlstadt hätten wir wieder einen unbefestigten Forstweg, und nehmen lieber die Straße für ein paar Kilometer. Der Bauer vorhin hat uns einen Tipp gegeben, wie wir ab Großweil eine Ecke abkürzen können. Damit verpassen wir zwar den Kochelsee, sparen aber ein paar Km. Außerdem wär‘ es landschaftlich sehr schön, meint der Bauer. So suchen wir in Großweil also einen Weg zum Triffkanal. Auf dem Weg dorthin hat Franz den 3. Patschen… den zweiten heute innerhalb etwa einer Stunde. (= Franz, die 4.). Der Gute ist schon richtig verzweifelt ob seines Pechs, und wir müssen ihn trösten und aufbauen. Ist ja wirklich ein Witz das Ganze ! Wir fahren etwa 2km zurück und Peperl, der von Franz inzwischen quasi als Chefmechaniker engagiert wurde ;-), nimmt zum x-ten Mal das Hinterrad ab.

Er hat zwar immer geschaut, auch die Felge innen immer abgewischt, aber nichts gefunden. Jetzt lokalisieren wir an Hand der Position des Lochs im Schlauch die genaue Position am Reifen selbst. Irgendwas muss ja doch da sein. Und siehe da, jetzt wird der Grund für den ganzen Sch… gefunden. Im Mantel steckt eine winzige Glasscherbe an dieser Stelle ! Bei normaler Prüfung nicht zu sehen oder zu spüren. Wenn der Schlauch aber fest aufgeblasen ist und den Reifen von innen her spannt, kommt der Splitter zum Vorschein und ritzt permanent am Schlauch, bis dieser eben kaputt ist… Nebenbei kommen wir eher zufällig auch drauf, wie die Pumpe von Franz eigentlich funktioniert. Jetzt können wir selber wieder Luft in den Schlauch bringen. Und wir müssen picken, Ersatzschlauch haben wir keinen mehr. Aber das ist gar keine große Sache mehr. Es gibt was Neues, man muss nichts mehr aufstreichen und trocknen lassen, das Pickerl vulkanisiert jetzt selber. Nur etwas aufrauen, das Pickerl ca eine Minute fest anpressen, fertig. Und im Rad Aus- und Einhängen ist Peperl jetzt fast schon so schnell wie die von Ferrari…

Dafür macht der Regenschutz von Franz fürs Gepäck den ganzen Tag schon Probleme (=Franz, die 5.). Der ist etwas zu groß und streift dauernd irgendwo an den Speichen oder am Reifen. Nichts Gravierendes, aber nervig. Der Triffkanalweg ist zu Anfang ein gut fahrbarer Feldweg, wird aber dann leider mit jedem Meter verwachsener und vor allem steiniger. Das, was wir an Km durch den direkten Weg nach Benediktbeuern sparen, verlieren wir wieder durch den schlechten Weg. Wir können gerade mal die Geschwindigkeit eines Fußgängers fahren. Irgendwann sind wir aber doch in Benediktbeuern und machen dort im Klosterbräu Mittag.  Es ist eh schon ca 15h. Eine großartige Brezensupp’n macht viel wieder wett, ebenso das Bier dazu. Und der Regen hat beim Essen aufgehört, der Himmel wird blau.

Nächstes Ziel ist Bad Tölz, das wir über Bad Heilbrunn und den Stallauer Weiher bergab erreichen. Und durch eine wunderschöne grüne Landschaft ! In sanftem Auf und Ab und Links und Rechts, und vor allem ohne Verkehr, ohne Autolärm schlängelt sich unser schmales Asphaltband durch die Gegend. Mal ein kleiner Wald, mal Wiesen mit Kühen… einfach schön. Erst kurz vor Tölz ist wieder eine Straße neben uns.

Auf Grund unseres großen Zeitverlustes durch die Reparaturen heute, halten wir uns gar nicht lang auf. Wir werden Bad Tölz ein anderes Mal ausgiebiger besuchen. Jetzt müssen es ein paar Fotos auf der Isarbrücke tun, dann fahren wir weiter – und suchen wieder mal den Weg. Irgendwo links geht flussaufwärts unser Weg ab, aber wieder mal ist nix beschildert. Wir fragen uns durch und sind bald richtig. Gleich hinter Mühle beginnt wieder ein Forstweg, diesmal rund 7 km lang.
<< Zu Anfang noch recht schön, durch grüne Wiesen und Wald, wird der Untergrund zunehmend mieser. Und es geht wieder bergauf. Hier schwemmt der Regen jedes Mal die Erde weg und legt Steine in allen Größen frei. Es ist mühsam, ein Hüpfen von einem Stein zum anderen, mit ganz geringem Tempo. Wir werden immer schweigsamer. Jeder kämpft mit der Strecke und mit sich selbst. Die Reparaturen, das Suchen, der schlechte Weg jetzt, noch dazu bergauf – viel fällt uns nicht mehr ein. Und schon kaum was, was die Sache entspannt und auflockert. Noch dazu wird’s immer später, und der Himmel, sofern wir ihn im dichten Wald überhaupt sehen, wird wieder grau und bedrohlich. Unsere Stimmung ist also nicht wirklich gut, und das wird nicht besser, als wir dann endlich aus dem Wald draußen sind und wieder eine Straße unter den Rädern haben.

Denn schon nach kurzer Zeit stellt sich bei Marienstein eine Wand vor uns auf. Auf der Karte nur EIN Pfeil, aber tatsächlich eine längere, sehr steile Strecke… Franz steigt nach dem kräfteraubenden Waldstück gleich mal ab: Das schaff ich nicht. Sein Knie tut weh, und auch, dass IHM alle Malheure auf dieser Tour passieren, nagt an ihm. Ich steige aus Solidarität mit ab, zusammen schieben wir die Räder hoch. Von Tölz her waren jetzt auf kurzer, schlechter Strecke rund 300 Meter zu überwinden, wir sind wieder auf rund 900m.

Die Abfahrt wird dann aber am Anfang auch nicht zur Freude. Kleines, ruppiges Kopfsteinpflaster, steil bergab. Man muss stark bremsen, kann nur sehr langsam fahren. Aber zumindest das Wetter hat sich hinter dem Berg schlagartig gebessert – blauer Himmel über uns, die Stimmung hebt sich ! Endlich dann glatter Asphalt und Tempo. So erreichen wir rasch  Gmunden am Tegernsee. Hier haben wir keinen schlechten Weg, dafür aber extrem viel Verkehr ! Wir müssen noch bis zum Schliersee, und entscheiden uns trotz des Verkehrs für die Straße. Zuerst kräftig bergauf, dann in Wellen weiter, wobei der Verkehr abnimmt. Noch ein Anstieg, die letzten 2 km geht’s dann bergab. Mit bis zu 60 km/h geht’s auf einer breiten, glatten Straße ohne echte Kurven dahin. In Hausham finden wir dann einen Griechen, wo gutes Essen und zwei Ouzos unsere Laune weiter bessern.

Nach 114 teils sehr mühsamen Kilometern und knapp über 7 Std erreichen wir unser Quartier.  7 m fehlen uns auf 1300 Höhenmeter, die meisten auf der ganzen Tour hatten wir heute. Wir haben also das Recht müde zu sein, und liegen nach einer ausgiebigen Dusche bald im Bett.

 

4.TAG: SCHLIERSEE – LAUTER, 117 km

Endlich Schönwetter ! Was aber nicht bedeutet, dass wir zeitig in der Früh keine „zweite Haut“ brauchen. Es ist frisch, eine Jacke oder ein zweites Shirt drüber ist nötig. Leider auch nötig ist ein Verband – und natürlich trifft es wieder Franz… Die Straße vorm Haus steigt etwas an, man muss Druck geben beim Wegfahren. Und schon bei diesem ersten Tritt rutscht er unglücklich ab und das Pedal schert ihm gut 10 cm übers Schienbein. Haut weg, und da ist dann auch gleich der Knochen darunter. Und Franz ist wegen seiner Krankheit als Bluter eingestellt. Entsprechend läuft jetzt der rote Saft herab… (=Franz, die 6.)

Nach einer fachmännischen Versorgung durch unseren Tour-Arzt Peperl und mit einem dicken Verband geht’s dann los. Zuerst den Schliersee bis zum Südende entlang, in Neuhaus dann rechts von der Straße weg. Wenig später finden wir uns vor zwei Feldwegen, wovon einer nur zu einem Haus, der andere steil bergauf führt, und als „Wasserfallweg“ bezeichnet wird. Franz bekommt gleich die Krise: DA fahr ich nicht rauf. Ist auch nicht notwendig, wir sind wieder mal falsch. Die Rückfahrt bis zu der Wegkreuzung, wo wir abbiegen hätten müssen, hat aber auch was Gutes: Staunende, fast bewundernde Blicke von entgegenkommenden Mountainbikern und Wanderern treffen uns. Die glauben alle, wir sind mitsamt Gepäck über den Wasserfallweg gefahren und grad am Rückweg ;-)

Den Zeitverlust bessern wir aus, indem wir jetzt auf der Straße bleiben. Das geht schneller und Verkehr ist so zeitig am Morgen eh keiner. In Hammer treffen wir zwei Damen aus unserem Quartier, wir haben den gleichen Weg. Die Damen sind an, und eine sogar über 70, und fahren natürlich mit E- Bikes auf dieser doch anspruchsvollen Strecke. Zu Anfang sind wir ihnen mit Muskelkraft trotzdem noch voraus, aber bei der ersten gröberen Steigung sind die zwei an uns vorbei und weg. Ein wenig neidvoll schauen wir hinterher. Aber wir haben uns das ja so ausgesucht…

Wir folgen einem immer leicht ansteigenden Weg, der zwischendurch aber auch kurze Abfahrten für uns hat, wo wir uns erholen können. Von Fischbachau bis hinter Hundham sind dann wieder viele nette Pfeile auf der Karte, die sich aber dann nach einem letzten kräftigen Steilstück bei Sonnenreuth zu unseren Gunsten wenden. Fast 7 km geht’s jetzt, zum Teil sehr rasant, bergab. Ab Gottschalling wird’s flacher und wir sind uns einig: in die umgekehrte Richtung wollten wir das nicht fahren ! Bergab waren die 7 km schnell erledigt, aber hinauf zu wird das endlos – und es sind auch noch einige wirklich steile Stücke dabei ! Nein Danke !

Unsere Strecke bleibt jetzt zum ersten Mal auf längere Zeit flach und wir kommen gut voran. Au, Bad Feilnbach, Wiechs, Kleinholzhausen, lassen wir rasch hinter uns. Bei Raubling überqueren wir den Inn und ich erinnere mich an diese Brücke. Mit Peperl bin ich da vor ein paar Jahren entlang des Inns schon gewesen. Nach der Brücke sollte es laut Karte eigentlich flach weitergehen, aber da ist plötzlich ein tüchtiger Anstieg durch den Ort Neubeuern. Das war anstrengend, zumal es jetzt ziemlich warm geworden ist. Warum  jetzt kein Pfeil auf der Karte war, ist uns schleierhaft. Unmittelbar danach kommt Altenbeuern. Es geht durch ein enges Stadttor rein, und am Ende wieder durch ein solches Tor raus. Schaut hübsch aus, und der Ort selber ist es auch.

Ab Rohrdorf fahren wir im Schatten neben einem kleinen Bach her. Das ist angenehm kühl, auch wenn der Weg immer leicht ansteigt. In Achenmühle machen wir bei einem Geschäft einen Trink-Stopp. Grad noch so kurz vor 12h erwischt. Kurz darauf halten wir Mittag in Aschau. Vom Tisch aus sehen wir viele bunte Punkte am Himmel, Gleitschirmflieger, die von einem nahen Berg starten. Wir sind hier ganz nah am Chiemsee und überfahren auch die Prien, die ein Stück weiter in den See mündet und glasklares, helles Wasser hat.

Auf Bernau zu dürfen wir dann wieder eine gute Strecke runterrollen. In Grassau haben die Falkenaugen hinter mir schon von weitem unser Radschild gesehen. Nach einem Stopp bei einer Tankstelle kehren wir dorthin zurück und folgen diesem Wegweiser. Nur, dass das nicht UNSER Wegweiser, sondern ein nur sehr ähnlicher ist ! Auch quadratisch, auch weiß, auch eine ähnliche Zeichnung drauf. Draufkommen tun wir aber erst ein paar Kilometer später. Aber der Fehler ist schnell schöngeredet: Nie hätten wir sonst die elegante  ziemlich neue Fußgänger-    und Radfahrerbrücke über die Tiroler Achen gesehen, wenn wir anders gefahren wären ;-) Der Umweg war auch nicht bedeutend und so sind wir bald auf dem richtigen Weg nach Bergen. Ein Radfahrer überholt uns bei etwas Gegenwind, wird dann aber bergauf bald langsamer und so überholen wir ihn in unserem gleichmäßigen Tempo nach etwa einer Viertelstunde zurück. „Was ? Ihr seid’s des ? Habt’s Ihr Elektro ?“ Nein, haben wir nicht – noch nicht ;-).

Hinter Bergen gibt’s dann eine größere Herausforderung. Fast 1km geht’s auf der Straße hoch. In einer kleinen Ausweiche läuft Wasser in einen Trog. Das ist bestimmt schön kalt ! Schon biegen wir ein, eine kleine Pause können wir eh grad gut brauchen. Wir tauchen die Arme bis über die Ellbogen ein, waschen das Gesicht. Ahhh, das tut gut ! Franz steckt gleich den ganzen Schädel unter den kalten Wasserstrahl, dann geht’s weiter. Als die Steigung einmal überwunden ist, haben wir eine fast 3km lange abfallende Strecke vor uns. Breite Straße, gut aussehbar, wir können es laufen lassen und kommen deutlich über 50 km/h.

Ab Siegsdorf sind wir dann neben der Weißen Traun auf einem Kiesweg, der aber gut befahrbar ist. Bei einer größeren Wehr können wir zum Wasser runter. Im Nu sind wir unten, raus aus Schuhen und Socken, wir stellen uns mit den Füßen rein ! Herrlich… Vom Wehr aus sehen wir zwei große Reiher in der Wiese, gar nicht weit von uns, und einer landet sogar ganz in unserer Nähe direkt am Fluss. Nach dieser genialen Erfrischung streben wir mit neuen Kräften Traunstein zu. Ab da sind‘s noch rund 6 km zum Quartier. Unseren Weg müssen wir an einem großen, verkehrsreichen Kreisverkehr erst einmal finden, und haben dann einen kräftigen Anstieg vor uns. Hier geht’s rechts weg, und wir fahren auf Lauter, unseren Übernachtungsort, zu. Im dortigen Wirtshaus essen wir zu Abend, unser Zimmer wartet ein Stück dahinter auf uns. Und natürlich wieder etwas weiter oben, sodass wir das Essen jetzt erledigen, um nicht zweimal auf den Berg fahren zu müssen. So kommen wir auch heute wieder nicht aus dem Radlergwandl. Die Sachen, die wir für den Abend, nach dem Duschen, mithaben, fahren wir bisher nur spazieren…

Sehr überraschend steht hier in Lauter, einer Ortschaft mit vielleicht 40, 50 Häusern, eine „leicht scharfe Bananensuppe“ auf der Speisekarte ! Die muss unbedingt gekostet werden ! Und schmeckt so gut, dass ich mir das Rezept erbettle und mit nach Hause nehme (Bereits nachgekocht von Frau Bayer und bestens gelungen ! ). Die bestellten Schwammerl mit Knödel entpuppen sich als zwei faustgroße Kugeln mit einem halben Liter Schwammerlsoße ! Unmöglich, das aufzuessen…

Von unserem Zimmer haben wir dann eine wunderbare Aussicht auf die Umgegend. Viel Natur, viel Grün, Berge… Man könnt glatt nur so dasitzen und schauen – obwohl‘s eigentlich nix zu sehen gibt. Aber das ist ja grad das Schöne…

117 km, fast 6 ½ Stunden und fast 19km/h Schnitt. Unser Tempo haben wir auf Grund des flacheren Geländes ab Mitte der heutigen Etappe deutlich gesteigert. Und es waren doch wiederum fast 1100 Höhenmeter dabei.

5.TAG: LAUTER – EUGENDORF, 115KM

Wieder ist es frisch am Morgen, und weil nach einem kurzen Anstieg eine etwas längere Strecke bergab zu fahren ist, vertragen wir unsere schon üblichen 2 Schichten recht gut. Ein paar Auf und Abs gibt’s, bis wir Teisendorf erreichen. Dann geht’s bergauf, ein Teil davon ein Feldweg. Wir kommen durch Ramsau (ja, gibt’s auch dort), und sollten dann am Höglwörther See vorbeikommen, den wir aber nicht sehen. Haben die den verlegt ? ;-) Über Aufham kommen wir nach Piding, wo wir die  Saalach überqueren. Danach haben wir einen schattigen Waldweg vor uns, der gut befahrbar ist. Wir erreichen Bad Reichenhall, das wir durchfahren müssen – leider OHNE Radweg. Erst ganz am Ortsende findet sich bergauf wieder einer neben der Straße, und gleich drauf biegen wir auf eine schmale Bergstraße ohne wirklichen Verkehr ein.

Zuvor haben wir aber in Reichenhall einen kleinen Unfall. Bei der letzten Ampel ist Rot, und eine Radfahrerin neben uns fragt mich nach dem Weg zur Saalach. Dabei wird Grün, ohne dass ich es sehe. Franz ruft ‚geht schon‘. Ich hab‘ den Fuß am Pedal, rede noch mit der Radlerin, und schieb‘, um Grün nicht zu versäumen, an – und Franz gleichzeitig mit mir. Schon verhakt sich das Gepäck, das Rad verfängt sich, und ich kann mich grad noch so abfangen, mit allen vieren schon am Boden. Nix passiert, hätt‘ aber auch blöd verlaufen können…

Jetzt geht’s also bergauf und wir müssen uns anstrengen. Dass es recht steil ist, das zeigt sich auch, als wir ein paar Minuten später einen Blick zurück machen können – Reichenhall liegt schon ziemlich weit unter >> uns. Weiter steigt der Weg an, und wird dann in einem Waldstück nochmal richtig steil. Wir müssen fest reintreten, bis wir oben aus dem Wald rauskommen. Ich filme Peperl bei seiner Fahrt hinauf, aber die tatsächliche Steilheit ist am Bildschirm überhaupt nicht zu sehen. Egal, es geht etwas flacher weiter, bis wir nach kurzer Zeit den höchsten Punkt, den Pass Hallthurm mit 695m, erreichen.

Hinter dem Pass gibt es aber dann keine Abfahrt, sondern nur leicht abfallendes Gelände nach Bischofswiesen und Berchtesgaden zu – und das durch eine traumhaft schöne Landschaft, deren Highlight der vor uns liegende Watzmann ist. Bei Uhlmühle biege ich falsch ab, folge dem Straßenschild nach Berchtesgaden, weil wieder einmal der Rad-Wegweiser fehlt. Zumindest sehe ich keinen. So kommen wir in den Ort hinein und müssen, ziemlich anstrengend, bergauf wieder hinaus. In Berchtesgaden führt uns dann die Straße tief und steil hinunter. Wir wollen heute noch nach Salzburg weiter und ich hoffe insgeheim, dass wir DA dann nicht wieder hochmüssen…

Vorerst gilt es aber, den Weg zum Königssee zu finden, um erstens den Radweg vom Bodensee her zu beenden und zweitens diesem bekannten Touristenziel einen Besuch abzustatten. Damit ist auch schon gesagt, was uns am Königssee erwartet: Jede Menge Leute, Personenschlangen an den Kassen für die Bootsfahrten, Gedränge – und natürlich auch der wunderschöne See, der diese Besuchermassen anzieht. Auf dem Weg dorthin müssen wir noch etwas Höhenmeter machen, wofür wir Nebenstraßen und Radwege nützen können. Aber auch auf der Straße selber ist überraschend wenig Verkehr, wahrscheinlich, weil es schon nach Mittag ist.

Am See fahren und schieben wir uns durch die Menge, um am Ufer dann pflichtschuldigst Fotos zu machen. Und wir schütteln uns die Hände: Der erste Teil unserer Tour, der Bodensee – Königssee – Radweg ist geschafft ! Damit haben wir auch rund die Hälfte der Strecke, knapp unter 500 km, hinter uns gebracht. Und die weitaus anstrengendere. Der zweite Teil bis heim wird wesentlich weniger Ansprüche an uns stellen, wesentlich flacher sein.

Wir kehren ein Stück vom See in einem Gasthaus ein, um Mittag zu halten. Direkt am See sind mir da zu viele Lederhosen, zu viele Brezen, zu viel „gemütlicher“ Biergarten, zu viel „Bayern“ … zu viel von allem, um auch nur halbwegs echt zu sein… Hier machen wir unser Quartier für heute fest, wir fahren noch bis Eugendorf. Jetzt aber erst mal ein Bier und eine Suppe, dann geht’s weiter. Wie vorhin schon gesagt, wenig Verkehr auf der Straße, und so bleiben wir gleich auf dieser und fahren ohne Umwege in flottem Tempo nach Berchtesgaden zurück.

Hier wollten wir eigentlich den Radweg nach Salzburg suchen, aber ich entdecke gleich beim Kreisverkehr einen kleinen Weg rechts neben dem Fluss. Das ist <<die Königsseer Ache und Nachfragen ergibt, die Ache fließt in die Salzach und der Weg geht bis Salzburg rein. Also gar nicht lang den anderen Weg suchen. Allein schon, dass wir hier dem Wasser folgen, sollte zur Folge haben, dass es KEINE Anstiege gibt, und das zählt schon einiges… Meter nach oben hatten wir heute schon genug…

Der Weg neben der Ache im Schatten der Bäume hat zwar schon nach kurzer Zeit ein Ende und wir müssen auf die Straße raus. Aber da ist an der Seite ein gut ein Meter breiter Randstreifen den wir nützen können, wir müssen also nicht direkt in den Verkehr. Dafür haben wir recht lebhaften Gegenwind, was sich aber dadurch, dass wir flussabwärts fahren, ausgleicht. So kommen wir rasch vorwärts.

Irgendwann biegen wir dann rechts ein, ich möchte zur Salzach, um die Straße zu verlassen und dem Verkehr überhaupt auszuweichen. Bei Anif sind wir dann am Fluss und fahren am rechten Ufer entlang nach Salzburg rein. ier HHier wollen wir uns mit meiner Frau treffen, die zu Besuch bei ihrer Schwester ist. Ein Treffpunkt ist rasch ausgemacht, das Treffen selber aber verzögert sich. Keine 5 Minuten vor dem Ziel macht ein Reifen auf einmal ‚Pffff‘ – und es ist nicht schwer zu erraten, WESSEN Reifen das ist… Wieder mal trifft es Franz… Und natürlich ist es wieder der Hinterreifen. Irgendwas überfahren und schon haben wir den nächsten Patschen (= Franz, die 7.). Der ist knapp vorm Auszucken und so angefressen, dass er ein paarmal sagt: Aus, i fahr nimmer weiter, i steig in Zug ein und fahr ham…

Peperl und ich nehmen das leichter, wir können schon nur mehr den Kopf schütteln und schmunzeln. Es ist ja wirklich unglaublich ! Und natürlich ist es ärgerlich, jetzt, knapp 5 Minuten vor einem kühlen Bier, nochmal einen Patschen zu haben. Aber das Ganze hat bei allem Ärger schon etwa Burleskes an sich. Normal gibt es sowas nur im Film… Wir beruhigen unseren zornigen Pechvogel so gut es geht, und Peperl hat schon gaaaanz viel Routine im Reifenwechsel und Schlauchpicken… In Rekordzeit ist alles wieder gut. Beim Aufpumpen wechseln wir uns ab, so kann sich Franz gleich abreagieren und seinen Grant in nützliche Energie umwandeln ;-)

Dann sind wir im Biergarten, ich kann meine Frau umarmen, und nach einer gemütlichen Stunde geht’s es weiter. Wir fahren wieder zur Salzach runter und dort abwärts bis zur Autobahn, wobei wir über das Wasser den schönen Blick auf die Salzburger Innenstadt und die Festung haben. Rechts geht der Weg Richtung Mondsee rein, dem wir heute noch bis Eugendorf folgen. Das erweist sich dann als zäher als erwartet. Es geht 10 km bergauf… Nicht viel, nicht steil, aber ständig… Davon abgesehen ist der Weg schön. Zu Anfang haben wir auch noch ein wenig Schatten, dann müssen wir in die Sonne raus. Und heute ist der erste wirklich schöne, und somit auch heiße Tag.

In Eugendorf wollen wir dann Abendessen, zum Quartier geht’s wieder mal bergauf, wie wir am Telefon erfahren haben. Aber das ist nicht so einfach. Wir fragen bei einer Tankstelle nach und benützen die Gelegenheit gleich, um den vorhin geflickten Reifen von Franz jetzt mit Pressluft fest aufzublasen.  Das angeratene Wirtshaus ist rasch gefunden, und wir nehmen im Gastgarten Platz. Peperl will den Helm abnehmen – und kommt drauf, dass er gar keinen aufhat ! Und weder ihm selber noch uns ist das aufgefallen ! Wir denken kurz nach und kommen zum Ergebnis, dass er ihn wohl schon im Biergarten in Salzburg liegen gelassen hat.

Wir rufen dort an, man schaut nach, aber kein Helm da. Nochmal Nachdenken. Vielleicht vorhin bei der Tankstelle ? Aber warum, sag ich, sollte er dort den Helm abgenommen haben ? Wir haben ja nur kurz wegen dem Gasthaus gefragt und haben den Reifen aufgepumpt. Und dabei soll er den Helm runtergenommen haben ? Es sind noch zwei andere Gäste im Garten, aber Ober kommt keiner. Schließlich gehen wir fragen – das Wirtshaus ist zu, obwohl links und rechts der Tür Lichter brennen, und die Tür auch offen ist…

Also auf, und zur Tankstelle. Besser nochmal dorthin und nachfragen. Und tatsächlich, der Helm ist da. Jemand hat ihn dort, wo wir Luft „getankt“ haben, gefunden, und abgegeben. Das Warum bleibt ungeklärt, aber Hauptsache, wir haben den Helm wieder…

Die Suche nach einem Gasthaus geht aber weiter. Eine Pizzeria gäbe es, aber die ist im zweiten Stock, und wir müssten die Räder mit dem Gepäck unten auf der Straße stehen lassen – keine Option.  Alles andere hat aber heute dort zu, und so landen wir nach weiteren 15 Minuten Suche wieder bei der Pizzeria. Ich gehe nachsehen. Es gibt einen Lift, der groß genug für die Räder ist. Also nehmen wir sie einfach mit ! Vor dem Lokal oben ist ein breiter Gang, da stellen wir die Räder ab, da sollten sie nicht stören. Und es wird auch geduldet, niemand sagt, dass die Räder dort wegmüssen, was ja nicht so unwahrscheinlich gewesen wäre. Also doch noch ein Abendessen…

Danach müssen wir, wie gesagt, bergauf. Es zieht sich, ist aber nicht so schlimm wie befürchtet. Da haben wir schon andere Sachen erlebt… Aber – zu früh gefreut ! Wir bleiben beim Haus stehen, ich melde mich artig an, und die vermeintliche Quartiergeberin sagt: Ja, und was wollen Sie jetzt von mir ? Na übernachten, sag ich, wir haben ja telefoniert. Mit mir nicht, wir vermieten ja gar nicht, ist die Antwort. Nach einigem Hin und Her ist die Sache geklärt. Die Vermieterin ist die Schwiegermutter, ein Stück weiter oben. Name gleich, dazu die Adresse im Internet von der falschen Familie – so kann‘s gehen…

Und dieses letzte Stück ist dann genau das, was wir nicht wollten – es geht in zwei, drei Kurven richtig steil nach oben, und dann nochmal steil zum Haus selber rein. Nicht allzu weit weg, aber nach dem üppigen Abendessen und mit der beim falschen Haus beginnenden Steilstufe ist das jetzt schon eine Herausforderung… aber auch das wird gemeistert. Ja, Radfahrer haben wir hier oben wenig,  sagt die Frau, die jetzt wirklich die Vermieterin ist. Wir können das nur zu gut verstehen…

Nach 115 km ist heute Schluss, wieder mal mit einer Reifenpanne, und wieder hat es Franz getroffen… Fast 7 Std Fahrzeit, Schnitt nahe an die 17km/h heute, zum dritten Mal unter 20km/h. Und mit 1284 die zweitmeisten Höhenmeter.

  1. TAG: EUGENDORF – WELS, 137 km

Der Tag beginnt nach der Bergauffahrt gestern mit einer Abfahrt, die bei der Morgenkühle wieder eine zweite Haut gut verträgt. Wir biegen auf Thalgau ein und zweigen dort nach Mondsee ab. Einige Male sind wir schon an der Südseite des Sees entlang und dann in Scharfling zum Wolfgangsee rüber. Diesmal wollen wir den Mondsee auf der Nordseite komplett abfahren und bei Au dann zum Attersee wechseln.

Eine leichte Steigung ist kurz vor Mondsee zu überwinden, dafür dürfen wir danach zum See hinunterrollen. Hier haben wir dann die imposante Drachenwand einmal aus einer anderen Sicht vor uns. Über den See hinweg bietet sie in der Morgensonne einen prächtigen Anblick. Hinter Loibichl steigt die Straße an. Peperl macht noch irgendein Foto und holt uns kurz nach der Abfahrt auf der anderen Seite wieder ein. Halt, schreit er von hinten, wir sind falsch ! Der See (jetzt der Attersee) muss links von uns sein !

Ich überlege kurz. Stimmt, wir wollen ja am Südende um den Attersee, da müsste das Wasser dann zur linken Hand sein. Hier ist es aber RECHTS von uns. Haben wir bei der Abfahrt im Tempo jetzt eine Abzweigung verpasst ? Ich kann mich nicht erinnern, dass da irgendwo eine Straße gewesen wäre. Aber es nützt ja nix. Wie gesagt, der See ist auf der falschen Seite, demzufolge sind wir falsch, und wenn wir falsch sind, müssen wir zurück. Also noch mal den Berg hoch, den wir eben runtergerollt sind. Franz als „begeisterter“ Bergfahrer ist voll happy… Ich sehe weiter oben eine Frau in der Wiese arbeiten und gebe Gas. Die wird wohl Auskunft geben können.

Bis ich mit ihr aber klarkomme, sind die anderen zwei trotzdem schon da – und das völlig unnötig ! Die gesuchte Abzweigung ist nämlich weiter unten, NACH der Stelle, wo wir umgedreht haben. Und als ich mir jetzt die Karte genauer ansehe, ist auch ganz klar WARUM ! Das Wasser da unten rechts ist noch gar nicht der Attersee, das ist noch immer der Mondsee ! Hier ragt nur eine << Landspitze in den See, die die Straße abschneidet und auch die Sicht auf den See nimmt. Nach dem „Berg“ kommt die Straße wieder zum Wasser und das sieht dann im ersten Moment so aus, als ob es ein anderer See, eben schon der Attersee wäre… Dabei macht der Mondsee hier nur eine Biegung um die Landspitze. Die wiederum verdeckt den Blick und man hat dann den Eindruck, schon auf einen neuen, anderen See zu stoßen.

Peperl war sich sicher, und ICH nur zu schnell bereit, ohne viel nachzudenken, das genauso zu sehen wie er, weil Wasser auf der rechten Seite, usw… Ein wirklich konzentrierter Blick auf die Karte hätte uns jetzt viel Zeit und eine Bergfahrt erspart. Allein schon, dass die Abzweigung als Bundesstraße in der Karte geführt wird, hätte uns überzeugen müssen, dass wir sie NICHT übersehen hätten können. So eine Straße ist auf jeden Fall beschildert, da konnten wir nicht alle drei dran vorbeifahren, ohne dass wenigstens einer das bemerkt hätte. Na ja, Dummheit wird eben (zurecht) bestraft. Franz macht ein grimmiges Gesicht, der sieht das nicht ganz so relaxt…;-)

Entschädigt werden wir aber durch diese Ecke wo wir uns grad befinden, allemal. Das Wasser ist unglaublich ! Auch die Berge, die kaum für die Straße Platz lassen, tragen ihres zu einem tollen >> Gesamtbild bei. Und das wird nicht anderes, als wir dann wirklich am Attersee sind. Das Wasser glitzert in der Sonne, spielt alle Farben – herrlich !

Die B153, in die wir in Weißenbach einbiegen, klingt nach viel Verkehr, dem ist aber nicht so. Gleich zu Anfang ist es ein kleiner Horror, weil dort eine Baustelle ist. Es ist eng und auch ein Menge Lkws sind hinter, vor, und um uns herum, aber kaum haben wir den Ort verlassen, wird es ruhig. Die B153 verbindet den Attersee mit der Traun, stößt zwischen Bad Ischl und Ebensee auf die B145, die zum Traunsee führt. An einem Wochentag wie heute ist es aber ziemlich ruhig, Hin und wieder ein Auto von hinten, eins von vorn, meist sind wir aber ziemlich allein auf der Straße. Die steigt jetzt bis zur Hälfte der Strecke bis auf 560m an, dann wartet eine längere Rollstrecke zur Traun hinunter auf uns. Dabei kommen wir auf über 60 km/h, weil die Straße breit ist und ziemlich gerade verläuft. Unser Weg durchquert das Höllengebirge, führt mitten durch Wald und ist somit recht angenehm. Auch die Steigung ist nicht bedeutend, kein einziges Steilstück.

Ab Mitterweißenbach folgen wir dann der B145 und der Traun nach Norden, auf einem eigenen Radweg neben der Straße. Und die ist jetzt viel befahren ! Andauernd preschen Autos, Lkws, Motorräder an uns vorbei. Das ist nach der Ruhe vom Attersee her, doch sehr auffällig und lästig. In Ebensee machen wir Mittag und suchen dabei wie immer ein Quartier. Unser heutiges Ziel wird Wels, da haben wir noch einiges zu tun… An der Südspitze vom Traunsee überqueren wir die Traun und sehen uns ziemlich starkem Wind ausgesetzt. Den wiederum nützen Segler und vor allem viele Kite- Surfer.

Wir können jetzt die alte Straße als Radweg benützen, der Verkehr wird über Tunnel von uns weggeleitet. Wie angenehm ! Von der anderen Seite des Sees schaut der mächtige Bergstock des Traunsteins zu uns herüber, den wir schon längere Zeit auf der Strecke nach Ebensee vor uns hatten. Und noch einen tollen Anblick haben wir vor unseren Augen. Direkt vor uns liegt Traunkirchen, eine kleine Landspitze die in < den See ragt, und ihr Kirchlein präsentiert.  Dann kommen unser Weg und die Straße wieder zusammen – leider ! Jetzt haben wir wieder den Lärm neben uns, und sind froh, als wir Gmunden erreichen.

Wir machen einen Abstecher zum Rathausplatz und erleben das Glockenspiel dort. Die Glocken sind aus Ton, in der bekannten Gmundner Keramik mit den grünen Streifen gefertigt – sehr hübsch. Und natürlich besuchen wir auch das aus der gleichnamigen Fernsehserie bekannte „Schloßhotel Orth“.

Über eine Baustelle verlassen wir Gmunden bald darauf auf der linken Traunseite. Der Radweg verläuft drüben auf der Ostseite, wie ich weiß. Aber der R4 ist auch hier angeschrieben, also wird es eine Möglichkeit geben, auf die andere Seite zu kommen. Die erweist sich dann aber als steiler Pfad hinauf zu einer Fußgängerbrücke, wir müssen die Räder schieben.

Ein Radweg ist vorhanden, aber auch die Straße daneben. Grad als wir wieder auf gerader Strecke sind und Tempo aufnehmen, registriere ich im Vorbeifahren grad noch ein Taferl. War da jetzt nicht ein Pfeil nach rechts drauf ? Was ist, fragen mich die zwei, als ich stehenbleibe. Ich glaub, ich hab‘ was gesehen, sag ich. Und richtig, wir müssen über die Straße und rechts weg. Diesmal hat sogar „Falkenauge“ Peperl das Schild übersehen. Aber es ist wirklich nicht einfach, speziell als Erster. Einmal in die andere Richtung geschaut im falschen Moment, und schon hast Du Dich verfahren. Jeden Tag retten mich die zwei hinter mir ein paar Mal. Jetzt hab‘ mal zufällig ich die Augen an der richtigen Stelle gehabt, wenn auch schon fast zu spät.

Ein Stück oberhalb und von der Traun weg, geht es über kleine Dörfer weiter. Die Beschilderung ist soweit jetzt perfekt, da ist kaum was zu übersehen. Kaum gedacht, stehen wir bei Laakirchen vor einem Rätsel. Da schickt uns ein Schild den Berg hinunter, zu einer relativ großen Kreuzung – und da ist dann gar nix ! Links geht’s zur Traun runter, unsere Fahrtrichtung ist aber eigentlich rechts, wo es eine starke Steigung hochgeht. Und weit und breit kein Schild, kein Hinweis. Wir fahren zuerst trotzdem nach links zur Traun runter, vielleicht geht der Weg ja da unten weiter. Nur, da ist nichts. Der Fluss macht aber eine Richtungsänderung nach rechts, nach Norden. Wir fahren also zurück und den Berg rechts hoch. Auch wenn wir kein Schild haben, in die Richtung müssen wir, in die Richtung geht auch die Traun. Irgendwo werden wir wieder Anschluss, und auch den Radweg finden. Ich glaube mich zu erinnern, dass ich schon vor ca 10 Jahren mit meinem Sohn an dieser Stelle nicht weiterwusste. Da hat sich offenbar seither nichts geändert…

Ein Stück weiter können wir über eine Brücke und finden dann auch wieder einen Wegweiser, wir sind wieder in der Spur. Bei Lambach passieren wir die << Kalvarienbergkirche, bevor wir ans Westufer wechseln. Drüben ist das bekannte Stift zu sehen.  Hier trennt sich auch der Radweg R5 vom Traun-Radweg R4 und führt Richtung Salzburg. Von Linz flussaufwärts bis hierher verlaufen diese Radwege gemeinsam. Wir folgen weiter der Traun abwärts und haben bald Wels erreicht. Wir bummeln langsam mit den Rädern durch die Fußgängerzone, die drei größere Parallelstraßen und die dazwischenliegenden Häuserblöcke umfasst, die durch kleine, schmale Gassen verbunden sind. Insgesamt eine ziemlich große Fläche mit vielen Lokalen und Geschäften. Wir entscheiden uns heute nochmal für ein griechisches Lokal und haben das nicht zu bereuen. Gutes Essen, danach noch einen Ouzo – passt alles.

<<< Unser heutiges Quartier. Unser Zimmer ist das 2. von rechts, im 1. Stock, da wo die Fenster fehlen !

Nein, so schlimm ist es nicht ;-) Es ist eine ehemalige Jugendherberge und jetziges Low-Budget-Hotel, das gerade umgebaut wird. Der richtige Eingang und die Zimmer sind auf der Seite vom Haus und nicht auf der Baustelle ;-). Sehr einfach, grad mal Platz für drei Betten. Peperl mit seinen 48ern hat Schwierigkeiten, sich da dazwischen einzufädeln… Aber es gibt eine Dusche und heißes Wasser, das ist die Hauptsache. Fernseher haben wir keinen, daher gehe ich nach dem Duschen nochmal in die Fuzo und schaue mir dort Belgien gegen Japan in einem Lokal mit TV-Gerät im Freien an. Eine spannende Sache, die Belgien durch ein Tor in der 95. Minute nach 0:2 Rückstand noch 3:2 gewinnt. Dadurch wird’s heute später als sonst mit dem Schlafen.

137 km haben wir heute geschafft, etwas über 7 Std dafür gebraucht, und obwohl wir heute gefühlt viele flache Meter hatten, waren es lt Aufzeichnung dann doch wieder 1200 Höhenmeter. Unser Schnitt ist weiter gestiegen, wir sind bei etwas über 19km/h angelangt.

Eine lustige Sache muss ich noch erzählen. Direkt unserem Zimmer gegenüber hat der Hauswirt für uns ein weiteres Zimmer aufgesperrt, damit wir uns beim Duschen und Klo-Gehen besser aufteilen können. Sehr nett, und auch wirklich hilfreich. In der Nacht muss ich mal raus und, rücksichtsvoll wie ich bin, gehe ich über den Gang ins andere Zimmer. Zurück, fehlt mir aber dann die Orientierung. Licht mache ich natürlich keines, um die Kameraden nicht zu wecken. Auf Grund der Kleinheit des Zimmers mache ich in der Dunkelheit dann einen Schritt zu viel und habe, als ich in mein Bett will, auf einmal zwei behaarte Männerbeine in der Hand… „Des is net Dein Bett !“ brummt es mir entgegen.  Sorry, Peperl, ich wollte wirklich nicht mit Dir kuscheln…

  1. TAG: WELS – EMMERSDORF/WACHAU, 141 KM

Am Morgen müssen wir zuerst aus der Stadt und wieder zum Radweg an der Traun. Hier treffen wir auf den ersten Kilometern jede Menge Schulklassen allen Alters. Das Vorbeikommen erfordert etwas Aufmerksamkeit und Zeit, weil nicht alle Kinder immer auf das aufpassen was von hinten kommt. Unsere Klingeln tun da gute Dienste. Erfreulich ist die Freundlichkeit der Schüler. Von mehr oder weniger allen werden wir gegrüßt. Ein Guten Morgen oder Hallo nach dem anderen tönt uns entgegen. Das macht Freude und lässt den Tag gut beginnen. Weniger erfreulich ist, dass schon nach ein paar Kilometern der Weg gesperrt ist. Eine Umleitung ist eingerichtet, die gut beschildert, aber auch recht großräumig angelegt ist. Das kostet wieder Zeit und Kilometer. Aber das kann uns nicht wirklich erschüttern. Wir haben gestern den ganzen Tag über kein „Hoppala“ gehabt, kommen wir drauf. Franz hat einfach ausgelassen… ;-)

Das Hoppala passiert aber wenig später MIR ! Wir wollen ja heute zur Donau raus und dann bis in die Wachau weiter. Dafür müssen wir noch einmal auf die rechte Seite wechseln. Jetzt kommen wir an eine Brücke und laut Wegweiser geht’s drüben nach Traun-Süd. Wir wollen ja auf die Südseite der Donau und fahren also hinüber. Da ist eine Baustelle und eine weitere Umleitung, der wir folgen. Nach ca 1 km werde ich misstrauisch. Wir fahren in die falsche Richtung, nach Süden, müssten irgendwo nach links, Richtung Osten. Aber alle Wegweiser zeigen weiter in diese falsche (?) Richtung. Meine Bedenken werden von Franz und Peperl überstimmt. Wir sind auf der Umleitung, das stimmt schon so. Also weiter. Noch 1 km, und fast noch einer. Ich bleib stehen. Das KANN nicht stimmen ! Wieder Diskussionen, aber jetzt bleib ich hart. Da fahr ich nicht weiter. Ich fahr zurück zur Baustelle und schau, ob wir da was versäumt haben. Wenn ihr wollt, könnt ihr hier warten.

Warten wollen die beiden aber auch nicht, also geht’s gemeinsam retour. Nichts, kein Schild, keine Abzweigung. Zum Fluss zurück geht’s dann bergab, wenn wir doch richtig sind, müssen wir wieder da hoch. Wieder mach ich den Vorschlag zunächst mal allein da runter zu fahren, damit nicht alle den doppelten Weg wegen mir machen müssen. Peperl fährt mit, Franz bleibt stehen. Wir rufen ihn an, wenn wir sicher sind, dass wir den richtigen Weg haben.

Also runter zum Fluss. Weiter nirgends ein Hinweis, dass wir was übersehen hätten. Jetzt will ich es wissen: Ich fahr auch noch über die Brücke zurück und schau mir den Wegweiser dort genau an. Und dann fällt es mir wie Schuppen von den Augen. Traun-Süd, steht auf der Tafel, nicht DONAU-Süd. Und Traun-Süd heißt was es heißt: Der Weg auf der drüberen Seite führt zurück Richtung Wels, eben die Traun entlang nach Süden… Weil wir irgendwann die Seite wechseln müssen um ans Südufer der Donau zu kommen, war ich mir sicher, dass das HIER sein muss – und genau das stimmt nicht ! Mein Fehler, der uns jetzt viel Zeit gekostet und einen unnötigen Umweg von rund 5 km beschert hat. Zugutehalten kann ich mir nur, dass ich mich letztlich gegen meine zwei Kameraden durchgesetzt, und uns so einen NOCH größeren Umweg erspart habe. Ein schwacher Trost… Genauer Hinschauen und Lesen wäre hilfreicher gewesen, Hr Bayer…

Jetzt fahren wir also auf der Westseite weiter, kommen an Marchtrenk und Traun vorbei. Schließlich taucht eine Brücke vor uns auf, und die kenn ich. Da haben Peperl und ich, als wir vor drei Jahren die Traun aufwärtsgefahren sind, das erste Foto auf der Tour gemacht. Wenn ich mich da früher dran erinnert hätte, wär‘ mir der Fehler vorhin nicht passiert ! Ich wollte so unbedingt schon auf die andere Seite, dass ich DIESE Brücke jetzt nicht im Hirnkastl hatte… Ich wollte vermeiden, dass wir unter Umständen bis Linz zurückmüssen, wenn keine Brücke mehr kommt. Jetzt nützen wir die Brücke für eine weitere kleine Reparatur an Franz‘ Gepäcktasche. Schön langsam gehen uns die Kabelbinder aus… Auf jeden Fall kommen die für nächstes Jahr auf die Packliste !

Schließlich erreichen wir die Donau. Deutlich ist der Farbunterschied zwischen << Traun und Donau erkennbar, bis sich das stromabwärts irgendwann vermischt.

Ein Stück weiter ist der Traun-Radweg dann zu Ende, wir sind am Donau-Radweg angekommen. Damit haben wir nach Bodensee-Königsee eine weitere Teilstrecke unserer heurigen Tour erledigt…

Wir wollen jetzt zumindest bis Enns auf der Südseite bleiben, übersehen aber irgendwo einen Wegweiser und nehmen kurzerhand die Fähre nach Mauthausen rüber, wenn wir nun schon mal da sind. Die Alternative wäre, ein gutes Stück zurückfahren, aber wir können ja genauso gut auf der Nordseite der Donau weiter. Bis die Fähre kommt, sammeln sich eine Menge Radler an. Das geht sich dann grad noch so für alle aus. Das Aus- und Einsteigen erfordert seine Zeit, die Überfahrt selber ist rasch erledigt. Drüben geht’s bis zum Kraftwerk Wallsee-Mitterkirchen rund 20 km eintönig weiter. Zwar im Grünen ohne Verkehr, aber eben nur die Donau auf der rechten Seite, auf der Linken Wald. Und vor allem immer gradaus…

Das hat auch seine Reize, aber etwas mehr Abwechslung könnte gern sein. Und auch etwas weniger Sonne. Schatten gibt’s hier für uns kaum mal, dafür leichten Wind von der Seite. Kurz vorm Kraftwerk ist eine kleine Wirtschaft auf der Seite, eine Goldgrube, wie wir feststellen. In der Zeit in der wir dort was trinken, kommen und gehen Radler von beiden Seiten und kehren kurz ein. Die erste und einzige Gelegenheit nach vielen Kilometern, und es gibt auch fast alles hier. Imbisse, Getränke, Obst, Kaffee, Kuchen, Eis… Und auch ein Klo. Das kommt mir grad recht, ich will meinem Hintern nochmal eine Extraportion Vaseline gönnen… nach rund 800 km hat sich der das verdient.

Hinter dem Kraftwerk geht’s es ein wenig „ins Land hinein“. Dabei fällt uns auf, dass fast überall am Hochwasserschutz gebaut wird. Teilweise ist das auch schon fertig. Auch die Streckenführung kommt mir etwas anders vor. Wahrscheinlich wurden im Zuge der Schutzbauten auch einige Straßen verändert, bzw neu verbaut. Vor Dornach sind wir wieder an der Donau und fahren nochmal rund 10 km nebenher, auf Grein zu. Dort wechseln wir über die Brücke auf die Nordseite. Der Weg würde auch hier weitergehen, allerdings neben der Straße, während drüben ein sehr schöner Abschnitt auf uns wartet, wie ich aus der Vergangenheit weiß. Es geht durch den Strudengau, wohl auch neben der Donau, aber gänzlich ohne Verkehr und durch Wald im Schatten, fast 15 km lang.

Bei Freyenstein nehmen wir ein Getränk im Wirtshaus, wo wir schon ein paarmal übernachtet haben, und wo wir jedes Mal einkehren, wenn wir vorbeikommen, oder auch hier unser Tagesziel erreichen. Danach geht’s nach Persenbeug und über das Kraftwerk. Ein Kreuzfahrer seht in der Schleuse und der hat sogar einen Mini-Golfplatz am Sonnendeck – Luxus pur ! Zwischen Hagsdorf und Gottsdorf kommt mir die Streckenführung auch neu vor, auch hier wird am Wasserschutz gebaut. Manche Orte sind ringsum komplett von einer Mauer umgeben, kommt mir vor. Nur die Straßendurchgänge sind offen. Die können im Bedarfsfall aber rasch verschlossen werden, das ist schon so vorgerichtet.

<< Kurz darauf sehen wir auf der Anhöhe Maria Taferl vor uns. Wir passieren Marbach und Klein-Pöchlarn, haben dann auf der anderen Donauseite Stift Melk vor uns, und sind bald in Emmersdorf, wo wir heute übernachten. Wieder mal geht’s am Ende des Tages bergauf, wie uns am Telefon gesagt wurde.  Deshalb gehen wir vorher noch Abendessen. Vis a vis ist ein Adeg, und Peperl und Franz gehen einkaufen. Ich möchte irgendeine Limonade und Franz kommt nochmal raus, um zu fragen ob ich Orange oder Zitrone will. Ich sag Orange – und mit was kommt er dann ? Mit Grapefruit…  !! ;-) Nicht unbedingt meins. Weilst nie (!!) selber gehst, zürnt er dann, als ich ihn drauf hinweise. Ich kann mir trotz (oder wegen ?) seines z‘wideren Gesichts das Lachen nicht verbeißen. Du fragst mich extra was ich will, und dann bringst genau DAS nicht ! Und überhaupt: was heißt NIE selber ? Das war das erste Mal in dieser Woche, dass ich nicht selber ins Geschäft gegangen bin ;-). Aber der liebe Franz will halt grad a bisserl raunzen. Ich will zum Umtauschen den Kassazettel, aber er geht – brummend – selber nochmal rüber. Ich verkneif mir grad noch die Bemerkung, dass er sich ein Snickers auf meine Rechnung kaufen soll – Stichwort Diva, Joan Collins… Ein paar Leser werden von früheren Tour-Erlebnissen her wissen, was gemeint ist ;-)

Aber natürlich ist drei Sekunden später wieder alles gut. Wir bekommen ein gutes Abendessen, wobei Franz schon wieder irgendwie der „Loser“ ist. Der Kellner ist, wie fast überall, kein gelernter Österreicher, und versteht anscheinend irgendwas falsch. Jedenfalls ist es grad wieder Franz, der statt dem bestellten Cordon Bleu, auf einmal einen Grillteller vor sich stehen hat (= Franz, die 8.). Es wär‘ ja auch kein „normaler“ Tag, wenn ihm nicht irgendwas passieren würde…

Nach dem Essen suchen wir unser Quartier und haben wirklich einen kleinen, steilen „Berg“ vor uns. Dafür vom Fenster aus dann einen tollen Blick auf Stift Melk. Genau uns gegenüber schaut das Stift über die Bäume. Und weil wir einiges über dem Donautal sind, haben wir volle Sicht – echt schön !

Wir bilanzieren mit 141 km und „nur“ 6 ½ Std heute. Das schlägt sich auch im Schnitt nieder – erstmals über 20, und mit 22 km/h sogar recht deutlich. Aber natürlich war es heute ein anderes Fahren, als in den Bergen vorher… Auch die Höhenmeter mit knapp 900 sagen das so aus.

 

8.TAG: EMMERSDORF – FISCHAMEND, 145 km

Heute haben wir unser „Hotel“ schon gebucht – wir werden alle zu Hause schlafen ! Deshalb wird es auch eine lange Etappe, es ist ja egal, wann wir ins Quartier kommen.

Zum ersten Mal können wir heute vom Start weg mit kurzen Ärmeln losfahren. Nach Emmersdorf runter, unter der Donaubrücke durch, und mit Grimsing sind wir eigentlich auch schon in der Wachau. Einige Baustellen (Straße und HW-Schutz) gibt’s auch da, aber das fällt nicht so ins Gewicht, wir wollen sowieso durch die Wachau „bummeln“. Und so passieren wir in gemütlichem Tempo Aggsbach, Willendorf, Schwallenbach. Kurz vor Spitz dann ein Malheur. Auf einmal hör ich ein eigenartiges Geräusch hinter mir, gleich drauf Franz rufen, er bleibt am Rand stehen.

Ich dreh um, Peperl kommt von hinten nach vor. Das gibt’s jetzt nicht ! Der Gepäckträger von Franz hat sich komplett vom Rahmen gelöst ! Irgendwann im Laufe der Tage haben sich offenbar die Schrauben gelockert, mit denen der Träger am Rahmen festgemacht ist. Und jetzt wurden sie anscheinend ganz rausgebeutelt, sind rausgefallen, und der Träger mit Gepäck hängt mitsamt dem Kotschützer grad noch irgendwie so am Rad. Da hammas – Franz, die 9. !! Dabei war sogar noch Glück dabei, dass das jetzt beim langsamen Bummeln passiert ist. Nicht auszudenken, wenn sich der Träger bei einer schnellen Abfahrt löst und das Gepäck dann in die Speichen gerät…

Wieder mal ist die Allzweckwaffe Kabelbinder gefragt. Gut, dass ich dem Bauern in Eschenlohe vor ein paar Tagen noch ein paar zusätzliche abgeschnorrt habe. Wir haben bestimmt schon 10 oder mehr von den Dingern gebraucht. Jeden Abend schneiden wir ja das Gepäck von Franz los und machen es am Morgen wieder fest.  Jetzt fädeln Peperl und Franz jeweils zwei Kabelbinder durch die Schraubenlöcher und fixieren so den Träger mal provisorisch am Rad. Das muss jetzt halten, bis wir zu einem Rad-Shop oder einer Werkstatt kommen.

Wir fahren nach Spitz rein, beim Bahnhof vorbei, und Peperl sieht, dass da ein Lagerhaus ist. Da werden wohl Schrauben zu bekommen sein ! Sind sie zwar nicht, aber gleich vis a vis ist ein Installateur, und der kann helfen ! Um wenig Geld sind Schrauben gekauft und der Schaden rasch und ohne viel Zeitaufwand behoben. Mit großer Erleichterung und der Gewissheit, dass das jetzt wieder sicher und gut festsitzt, fahren wir weiter. Mit den Kabelbindern wäre die Gefahr doch groß gewesen, dass sich die eventuell durchscheuern und bei einer größeren Erschütterung abreißen.

Mittlerweile können wir über so viel Pech nur mehr lachen, auch wenn Franz das naturgemäß etwas anders sieht… Der ist schon sauer, dass grad ihm wieder was passiert. Aber die schöne Wachau hilft als Ablenkung und bald ist der Vorfall zumindest für den Moment aus dem Kopf. Wir überlegen kurz, ob wir in Spitz mit der Fähre auf die andere Seite wollen, bleiben aber dann wo wir sind. In Wösendorf erinnern sich Peperl und ich an den dortigen Pfarrer, der uns, als er uns vor Jahren vor der Kirche Brotzeit halten sieht, einlädt, unser Mahl doch in die Kirche zu verlegen. „Was geht’s net rein, da ist es kühler“, sagt er, weil es an dem Tag brütend heiß war. Haben wir zwar trotzdem nicht gemacht, aber so einen Vorschlag von einem Pfarrer zu hören, war schon etwas was man sich merkt !

 

Wir passieren Weissenkirchen und fahren oben durch Dürnstein. Alles wie gehabt: Schöner Ausblick von oben über die Donau und rüber nach Rossatz, aber jede Menge Touristen in den engen Gassen.

Am Franzosendenkmal vorbei geht’s nach Unterloiben und weiter nach Stein.

Krems durchfahren wir auf geradem Weg und wenden uns dann nach rechts, um entlang der Krems wieder an die Donau zu kommen. Wegen einer weiteren Baustelle müssen wir ausweichen und erreichen auf einem sehr schlechten, steinigen Weg über die Krems und durch die Au wieder den Strom.

Jetzt geht es wieder rund 15km neben der Donau her, wobei die Krems immer an unserer linken Seite bleibt. Bei Altenwörth mündet sie dann nach dieser langen Begleitung endgültig in Donau. Kurz vorher läuft auf einmal irgendwas Dunkles, Flaches, Glattes rund 30m vor uns über den Weg. War das jetzt wirklich ein…? Wir bremsen, fahren langsam und leise weiter. Tatsächlich, ein Fischotter ! Da unten sitzt er beim Wasser, kaum 5m von uns entfernt, und schaut neugierig zu uns herauf. Mit so einer Begegnung hätten wir nicht gerechnet !

Beim Kraftwerk fahren wir ans Südufer rüber und überqueren unmittelbar danach die Traisen. Nach einer Trinkpause fährt Franz schon mal voraus. Peperl und ich müssen noch den Auwald gießen, dadurch hat Franz etwas Vorsprung. Nach kurzer Fahrt kommt uns dann gut 200m weiter vorn ein Radler entgegen, der genauso aussieht wie der Franz. Dieser Radler biegt vor uns ein, und als wir ihn wenig später einholen, IST es der Franz ! ;-)  Ja, ja, so ist es, wenn man als Erster fährt: Einmal nicht aufgepasst, und schon geht’s in die falsche Richtung… aber hinten meckern, wenn ich was übersehe, oder falsch einschätze ! ;-)

Am geplanten Kernkraftwerk vorbei fahren wir nach Zwentendorf und weiter nach Pischelsdorf. Dort wollen wir in einem uns aus der Vergangenheit gut bekannten Wirtshaus was trinken. Aber das Wirtshaus gibt’s nicht mehr. Das Haus wird offenbar nur mehr als Übernachtungspension geführt. Das Gasthaus, das früher bequemerweise mit angeschlossen war, wurde dicht gemacht – schade…   So versuchen wir unser Glück in Langenschönbichel bei einem Heurigen. Ein Gast sitzt mit uns am Tisch und als wir die übliche Frage, „Wo kommt’s denn her ?“, mit „eigentlich vom Bodensee“ beantworten, werden die Augen groß. Tja, alle kommen halt nicht aus Tulln und Umgebung ;-)

In Tulln machen wir noch rasch Kaiser Marc Aurel unsere Aufwartung, bevor wir die Strecke nach Greifenstein in Angriff nehmen. Bis zum KW gibt es wieder so eine lange Strecke entlang der Donau. Wenn Du da Gegenwind hast, wird’s zach… Aber wir haben Glück. Von Wels bis zur Donau war gar kein Wind, an der Donau, wenn überhaupt mal, seitliche, wenig störende Luft, und hier haben wir wirklich unterstützenden Rückenwind ! Das nützen wir aus und so dampfen wir zwischen 25 und 30 km/h auf das Kraftwerk zu. So ein „Zug“ macht Spaß ! Vorn ich, dann der Franz, hinten Peperl ! Mit surrenden Rädern legen wir km um km zurück. Recht schnell haben wir die 15, 16 km hinter uns gebracht. Dass der Wind heute so für uns ist, war wirklich ein Massl !

Und er meint es auch weiter gut mit uns. Wir fahren auf die Nordseite rüber, die Donau runter, durch die Au nach Korneuburg. Ein Getränk bei der Hütte in der Nähe der Fähre, ein kleiner Imbiss, muss sein. Neben uns sitzen Engländer am Tisch, kurz vorher haben wir Radler mit einer norwegischen Fahne überholt. Der Donauradweg scheint auch international beliebt zu sein… Die Donauinsel ist bald drauf erreicht, und wir halten immer noch ein gutes Tempo. Und das wird dann sogar noch mehr, als zwei junge Frauen ein paar Meter vor uns in unsere Richtung einbiegen. Die fahren etwa unser Tempo, da hätten wir sogar Windschatten…

Kaum gedacht, schon getan. Ein paar schnelle Kurbeltritte, wir hängen dran. Die zwei merken das, werden schneller. Soll mir recht sein. Protest von hinten kommt keiner, also bleibe ich dran. Jetzt wird’s richtig flott. 28, 29,30… bis 33 km/h schnalzt der Tacho hinauf. Ich mag das an sich ja nicht, so knapp hinter jemand „drauf zu picken“, fahre deshalb lieber als Erster, auch wenn ich da den vollen Gegenwind habe. Aber hier sehe ich gut aus, und es ist auch wenig Verkehr auf dem Weg. Und so im 5er-Pulk dahin zu düsen, das hat schon was…

Bei der Steinspornbrücke trennen sich unsere Wege. Ich rufe den Mädels noch ein danke hinterher, weil sie für uns jetzt so brav Lokomotive gespielt haben, und biege Richtung Kraftwerk ab. Jetzt auf einmal keppelt Franz mit mir, weil wir so schnell gefahren sind ! So direkt hinter den Mädels hat er nichts gesagt, weil die dann mitgekriegt hätten, dass es ihm zu schnell war ! J So ein Schlawiner…

In Kaiserebersdorf gibt’s zur Beruhigung für ihn ein Eis, alles ist wieder gut. Über Mannswörth und den Flughafen-Radweg sind wir bald in Fischamend, viel früher, als ich heute Vormittag nach der Panne mit dem Gepäckträger gedacht hätte. Mit den Kabelbindern wären wir viel vorsichtiger und auch langsamer gefahren. Und ich hätte auch geglaubt, dass wir für die Reparatur in einer Werkstatt viel Zeit verlieren würden. Dank Peperls Geistesblitz mit dem Schraubenkaufen war das nicht so.

 

So sind wir schon gegen 16h daheim und nehmen beim Loderer im Gastgarten ein Abschlussbier. Meine Frau steht zufällig am Balkon und sieht uns kommen. Ein paar Minuten später ist sie bei uns, und auch Peperls Frau findet sich aus Bruck ein. Wir haben beschlossen, dass rund 145 km für heute genug sind. Peperl fährt jetzt mit dem Auto nach Bruck und morgen treffen wir uns für die Schlussetappe zum Neusiedlersee. Nach einiger Zeit beenden wir unser gemütliches Beisammensein und trennen uns, die Dusche wartet…. und das eigene Bett !

Mit 145 km war es die längste Etappe heute, aber auch die mit Abstand flachste. „Nur“ etwa 750 Höhenmeter haben auch unsere Durchschnittsgeschwindigkeit auf den höchsten Wert steigen lassen. Trotz der Baustellen, dem Bummeln durch die Wachau und der Panne, haben wir fast 23 km/h erreicht. Dafür haben wir knapp weniger als 6 ½ Std gebraucht.

  1. TAG: FISCHAMEND – NEUSIEDLERSEE -FISCHAMEND, 81 KM

Heute also die letzte Etappe, der Abschluss unserer Tour vom einem Ende Österreichs zum anderen. Das Gepäck bleibt auf diesem letzten Stück zu Hause, und nach einem erholsamen Schlaf im eigenen Bett treffe ich mich mit Franz. Peperl stößt dann in Wilfleinsdorf zu uns. Es weht kräftiger Westwind, der uns in raschem Tempo ohne Anstrengung vorantreibt. Wir fahren über Enzersdorf nach Trautmannsdorf, dann der Bahn entlang bis Sarasdorf, und auf der neu asphaltierten Straße nach Wilfleinsdorf. Wir haben ohne viel zu tun einen Schnitt von 27 km/h. Das wird beim Heimfahren mit GEGENWIND dann sicher weniger lustig…

Peperl wartet bereits, und schon jetzt heißt es mehr investieren, weil wir übers Leithagebirge müssen. Kurz vor Kaisersteinbruch steigt die Straße schon deutlich an, bei der Abzweigung nach Sommerein wird’s steil, und auf dem ersten Teil der Strecke braucht es sogar einige Serpentinen um die Steigung zu überwinden. Zum höchsten Punkt hin wird’s dann wieder flacher, und danach dürfen wir rollen. Durch die Windunterstützung geht es flott dahin und nach Winden runter kommen wir sogar auf über 60km/h.

Wir biegen auf den Radweg ein, fahren nach Jois, und weiter nach Neusiedl. Und hier dann bis zur „Mole“ runter, bis zum See. Der zeigt sich, genau wie der Bodensee bei unserem Start, sehr windig. Es herrscht ziemlich rauer Seegang, den etliche Segler und Surfer nutzen wie wir sehen.

Da ist es also jetzt, das Ende unseres „Abenteuers“, unserer Durchquerung Österreichs von West nach Ost, vom Bodensee zum Neusiedlersee… Ich bin tatsächlich ein wenig gerührt. So lange hatte ich das schon im Kopf, ein paar Jahre wollte ich das schon machen – und jetzt hat es endlich geklappt, haben wir dieses Vorhaben wirklich geschafft… Wir stehen tatsächlich da, am anderen Ende Österreichs. Dabei hat doch alles grad erst angefangen. Die Zeit, die Tage sind schnell vergangen… Vorigen Mittwoch sind wir gestartet, und jetzt ist es schon wieder zu Ende…

Aber – keine Sentimentalitäten ! Wir machen Fotos, das Ziel ist erreicht, das muss natürlich festgehalten werden !

Dann geht’s retour, auf einem anderen Weg, Peperl muss noch zur Bank in Neudsiedl. Vorher holen wir uns aber noch ein wohlverdientes Bier und stoßen auf den endgültigen, erfolgreichen Abschluss unserer Tour an. Dann geht’s durch den Industriepark, auf Wegen die nur Peperl bekannt sind und so viele Kurven haben, dass mir beinah schwindlig wird ;-), zurück. Über Parndorf, Bruck, Göttlesbrunn und Arbesthal kommen wir wieder nach Fischamend, wobei uns der heftige Gegenwind, wie erwartet, einiges zu tun gibt… Peperl verabschiedet sich beim Arbesthaler Wald und von Franz trenne ich mich kurz vor seiner Wohnung. 81 km waren es heute, ganz locker abgespult.

Dann bin auch ich daheim und lasse mir jetzt und auch später beim Schreiben, die vergangenen Tage durch den Kopf gehen… Viel erlebt, viel gesehen, viele neue Eindrücke gesammelt. Wetterkapriolen, Wind und Dauerregen zu Anfang, wurden dann von Schönwetter abgelöst. Viele Höhenmeter haben wir gesammelt, knapp 9000 insgesamt. Wir sind also im Prinzip, von 0 weg, den Mount Everest hochgefahren… Gar nicht so schlecht für drei alte Knacker, wie wir es sind ;-).

1009 km waren es letztlich insgesamt, rund 55 ½ Std. haben wir dafür gebraucht, und lt Peperls g‘scheitem Kastl knapp über 24.000 kcal dabei verheizt.

Es war windig, kalt, nass, warm, heiß, mühsam, anstrengend, schweißtreibend, aufregend, ärgerlich, wir (ICH !) haben uns öfter mal dumm angestellt, haben uns verfahren, haben den Weg gesucht, uns hitzige Debatten geliefert, haben uns dafür wieder gegenseitig unterstützt,  waren waschelnass, hundemüde, und hundert andere Sachen mehr…. und beim Bier am Abend und nach dem Duschen dann doch wieder mit allem zufrieden, und froh, dass wir das alles miteinander erlebt haben.

Ein Wort noch zu Franz, dem heuer ohne Frage der Titel „Pechvogel der Tour“ gebührt. Es war wirklich ungewöhnlich, dass so ziemlich alles was negativ war, grad ihm passiert ist. Außer mal, dass ein anderer der Dreiergruppe seine extra für die Tour wohlfeil erworbenen neuen Goretex-Schuhe zu Hause stehen hatte und mit den alten Schuhen dann im Regen mit Plastiksackerln an den Füßen rumfahren musste – aber das ist eine andere Geschichte, und wir sagen auch nicht, wer das war ! ;-)

Aber angefangen, dass gleich mal die Befestigungsschnur von seinem Gepäck abgerissen ist, die   Plastikhaken mit denen das Gepäck eingehängt wird, ihre vorgegebene Form dermaßen aufgegeben haben, dass bei jeder dritten Bodenwelle das Gepäck vom Träger gerutscht ist, der Regenschutz, der sich immer wieder in den Speichen des Hinterrades verfangen hat, über vier Patschen, bis hin zur Verletzung in Schliersee, das falsche Abendessen in Emmersdorf, und schließlich das Verlieren der Schrauben des Gepäckträgers – all das hat immer nur den Franz getroffen. Da kann man schon mal sauer werden und in Zorn geraten… Andererseits hat das gegenseitige Hilfe und moralische Unterstützung erfordert, und das hat uns auch wiederum zusammengeschweißt. Alle Schwierigkeiten wurden gemeinsam bewältigt, letztlich waren wir schon eine gute Truppe !

Zum Schluss nur noch ein Satz:  Es war vieles heuer – aber vor allem war es   S   C   H   Ö   N   !!                   Und damit ist alles gesagt…